„Uns ist dabei allerdings zugutegekommen, dass die ganze Brauerei hier nur auf mich zugeschnitten war,“ sagt Borchert. Es fand sich auch kein Brauer der übernehmen wollte. „Der Insolvenzverwalter merkte bald, dass nichts zu holen war, denn wir wollten den Hof hier nicht verkaufen.“ So lief der heimische Betreib weiter, derweil die Gastronomien an der Hüvener Mühle und in Löningen weg waren. „Unser Kundenstamm ist da gar nicht hinter gekommen,“ sagt Borchert, „denn das Bier kam immer pünktlich.“ Nach vier Monaten hat sich der Insolvenzverwalter dann ausgeklinkt – Borchert hat weitergemacht. Es fand sich sogar eine neue Bank, die die Familie unterstützen. „Die sind ganz anders an die Sache rangegangen“, sagt Köhl. „Natürlich wollten die auch an uns verdienen, aber zumindest war ihnen wichtig, dass das Unternehmen gesund ist, damit sie über einen langen Zeitraum etwas an uns haben.“ So konnte die Familie Luft holen, wieder vernünftig arbeiten und das Unternehmen wurde recht schnell wieder gesund.
„Ich habe immer an diese Geschichte geglaubt“, sagt Borchert selbstbewusst. Irgendwann stand man wieder auf soliden Beinen und Borchert konnte sogar wieder neu investieren konnte. „Hier ist kein fremder Investor“, sagt der Brauer stolz, „das sind alles wir!“ Aber die Insolvenz war für die Familie eine harte Prüfung. „Diese Verletzungen kamen auf allen Ebenen, die sitzen immer noch ganz tief“, sagt Köhl. Zwar ist sie nach dem Abitur 2007 erst mal weg von zuhause, doch hat sie alles eng verfolgt und jeden Morgen mit ihrem Vater telefoniert.
„Hier vor Ort, wo wir als Familie leben mussten, wussten es alle“, so Köhl, „Insolvenz wird immer mit Versagen gleichgesetzt.“ Mittlerweile schaut Köhl voller Stolz auf das Erreichte: „So einem tiefen Sumpf hinter sich zu lassen und es wieder aufzubauen, das ist eine andere Nummer.“ Neben ihr will auch ihre jüngste Schwester, die aktuell noch ihren Master macht, zuhause einsteigen.
Die Erfahrungen waren es aber auch, die Köhl überhaupt erst dazu ermutigt haben, nach ihrem ersten Staatsexamen als Lehrerin, eine Brauerlehre zu beginnen. Zu der Zeit war schon klar, dass zwei ihrer drei Schwestern in eine andere Richtung gehen wollten. Sie fand es schade, dass die Brauerei mit dem Vater in Rente gehen sollte. „Es hängt ja auch viel Herzblut dran,“ sagt sie - und so hat sie schließlich eine Brauerlehre bei Früh Kölsch begonnen. Nach drei Jahren Lehre kehrte Köhl dann ins heimische Lünne zurück.