„Wir wissen von all unseren Produkten, woher sie kommen und was das Besondere daran ist." Jutta Kurze, Inhaberin des Geschäfts "Ton in Ton"
Mutter-Tochter-Gespann aus Lingen verkauft Schmuck und Dekoartikel – trotz Konkurrenz durch die großen Ketten

"Ton in Ton": Zwischen Handyketten, Fußmatten und Zwitscherboxen

An der Ecke mitten in der Lingener Innenstadt haben Mutter Jutta und Tochter Jana Kurze ihren Schmuck- und Kunstladen „Ton in Ton“ eingerichtet. Von außen etwas unscheinbar in die geschäftige Straße eingebettet, lädt die rote Fußmatte mit dem Schriftzug „Emskind“ den Besucher ein, sich im Inneren des Geschäfts umzuschauen. Die Kunden sind größtenteils weiblich, erzählen die beiden Besitzerinnern. „Ich versuche schon, immer wenn ich in der Stadt bin, einen großen Bogen um den Laden zu machen, weil ich wirklich jedes Mal etwas kaufen muss, wenn ich hier bin“, zeigt sich Kundin Angelika Henning begeistert.

Bei einem Blick auf das Sortiment wird schnell deutlich, warum es vor allem Frauen in den Laden zieht. Da ist zunächst die Schmuckecke. Ein gläserner Kronleuchter wirft sein Licht auf Ketten, Ohrringe und Armreifen. Mutter und Tochter haben sich für das dänische Design der Marke Pilgrim entschieden. Der Grund, weshalb es hauptsächlich diese Artikel in die Regale ihres 35 Quadratmeter großen Reiches schaffen: einfach weil sie ihnen gefallen.

„Wir decken altersmäßig ein breites Kundenspektrum ab, weil meine Mutter andere Schwerpunkte legt als ich in meinem Alter“, erklärt Jana Kurze. Auf ihre Kappe nimmt die 31-Jährige darum auch die neueste Errungenschaft des Ladens: Um den Körper von Jana Kurze baumelt eine Kordel, an der ihr Handy befestigt ist. Die Handykette komme aus Berlin und sei im Trend. „Und sie ist praktisch“, sagt die 31-Jährige. Daher haben es hochwertige Exemplare in das Sortiment geschafft. Mutter und Tochter wissen aber auch um die Schnelllebigkeit von Trends. Sobald es die Ketten in den großen Modegeschäften gibt, streichen die Kurzes den Artikel aus ihrem Angebot.

Denn preislich könnten sie nicht mit Ketten wie H&M, Butlers oder Depot konkurrieren. Das Mutter-Tochter-Gespann setzt daher mehr auf Individualität, gepaart mit Regionalität. Ein Beispiel für Letzteres ist die Marke „Emskind“. Die Fußmatte im Eingangsbereich dient nicht nur der Dekoration. Den Türvorleger gibt es auch zu kaufen, neben Schlüsselanhängern oder Klingeln aus dem Emsland, gestaltet von der Künstlerin Simone Albers. „Wir wissen von all unseren Produkten, woher sie kommen und was das Besondere daran ist. Das gefällt den Leuten, glaube ich, auch ganz gut“, sagt Jutta Kurze.

Durch die ständige Veränderung des Angebots und das Ausprobieren neuer Designer bestehe auch ein gewisses Risiko, geben beide Frauen zu. Vielleicht gefalle ihnen ein junger Designer besonders gut, aber das Produkt verkaufe sich gar nicht. „Das kommt ständig vor“, sagt die Mutter und lacht. Dabei erinnern sich beide an Sporttaschen für Männer, hergestellt aus alten Auto-Airbags. „Die sahen gut aus, waren innovativ. Wir fanden die toll“, erklärt Jana Kurze. Aber von den Taschen haben sie keine zum regulären Preis verkaufen können. „Das ist eingeplant und auch okay“, sagt die Mutter.

Seit 2009 betreiben die beiden Kurzes gemeinsam das Geschäft in Lingen. Zuvor hatte Mutter Kurze einen ähnlichen Laden in Meppen, bei dem ihre Tochter während ihrer Ausbildung zur Tierarzthelferin in Osnabrück aushalf. Mit dem Umzug nach Lingen in die Marienstraße gründeten sie eine GbR. Jana Kurze absolvierte dann eine weitere Ausbildung: zur Einzelhandelskaufrau.

Die Idee zur Gründung hatte Jutta Kurze aus ihrer Erfahrung als Hotelfachfrau. Ihre Arbeit habe sie weltweit in die schönsten Hotels geführt. Nachdem ihr Vater gestorben war, kam sie zurück ins Emsland. Ihr Sinn für die schönen Dinge blieb, und mit denen wollte sich die heute 60-Jährige umgeben. Mutter und Tochter arbeiten beide halbtags. Sie beschäftigen außerdem vier 450-Euro-Kräfte.

Für die beiden Geschäftsfrauen steht jetzt allerdings eine Veränderung an. Ton in Ton zieht um. Zwar geht es für den Familienbetrieb nur einige Häuser weiter nach rechts. Dafür verdoppelt sich die Größe des Geschäfts auf mehr als 70 Quadratmeter. Dabei sei nicht geplant, eine breitere Palette an Produkten anzubieten, sondern die Laufwege zu vergrößern. Jana Kurze, die selbst Mutter eines kleinen Kindes ist, wünscht sich Platz, um mit einen Kinderwagen durch den Laden schieben zu können. Dafür ist es jetzt einfach zu eng.

Die Inhaberinnen zeigen sich optimistisch, dass ihr Konzept auch in den neuen Räumen weiter von den Lingenern angenommen wird. Um die große Konkurrenz des Onlinehandels sorgen sie sich wenig. „Ich denke, wenn ich online etwas kaufen will, muss ich erst mal wissen, wonach ich suche“, erklärt Jutta Kurze. Und wer kommt schon einfach so auf die Idee, das Internet nach einer Holzbox zu durchforsten, aus der Vogelgezwitscher ertönt?

 

Text und Fotos: Katharina Preuth