Kommen Erfinder aus dem Emsland? Ja. Und die sind, wie die Unternehmen hier, geprägt von der Machermentalität der Emsländer.
Erfolgsideen aus emsländischen Köpfen

Wie die Macher aus dem Emsland die Welt verändern

Kluge Köpfe, die etwas auf die Beine stellen, weil sie die Welt einfacher oder besser machen wollen, gibt es überall. Im Emsland finden sie allerdings einen besonderen Nährboden für ihre Ideen. Denn wer im Emsland aufwächst, dem scheint ein Macher-Gen mit in die Wiege gelegt zu werden. Hier kommen Erfinder aus dem Emsland.

Die Kultur im Emsland fördert einfach die Macher-Mentalität. Die Menschen im Emsland waren darauf angewiesen, die Dinge gemeinsam in die Hand zu nehmen und selbst Ideen zu entwickeln. Diese Mentalität prägt die Menschen hier bis heute und schafft auf vielen Ebenen Voraussetzungen, die kluge Köpfe fördern. So war es zum Beispiel bei Otmar Pilsak und Hendrik Kramer. Ihnen ist es zu verdanken, dass wir uns heute weniger verfahren und dass fahrerlose LKW schon heute Frachten von A nach B transportieren.

Der Erfinder der Mutter aller Navigationssysteme kommt aus Papenburg

Otmar Pilsak wurde in Papenburg geboren und ist der Erfinder von EVA - der Mutter aller Navigationsgeräte. EVA bedeutet Elektronischer Verkehrslotse für Autofahrer und gilt als Vorläufer für die Navigations-Apps, die heute auf keinem Smartphone fehlen.

Als Pilsak EVA 1983 für den Elektronikhersteller Blaupunkt - damals ein Tochterunternehmen der Bosch GmbH - entwickelte, passte es in keine Hosentasche. Das acht Kilogramm schwere System fand mit der Größe eines Umzugskartons Platz im Kofferraum eines Autos - besaß aber bereits eine Sprachausgabe, eine digitale Straßenkarte auf Kassette, ein Ortungssystem und einen Bordcomputer, in den das Ziel über einen Zifferncode eingegeben wurde. Es sollte das Hantieren mit Straßenkarte und Autoatlas ersetzen, Umwege und dadurch auch den Spritverbrauch reduzieren.

Dass die Idee von einem Navigationsgerät technisch irgendwie machbar sei, davon hat sich der promovierte Nachrichtentechniker, der sein Abitur 1965 am Gymnasium Papenburg absolvierte, nie abbringen lassen. Er stattete EVA mit einer Koppelortung aus, denn GPS gab es für die zivile Nutzung noch lange nicht: Über Sensoren an den Fahrzeugrädern erfasste er Wegstrecken und Richtungsänderungen, sodass der Standort des Fahrzeugs fortlaufend ermittelt und mit den Kartendaten abgeglichen werden konnte. Das System wurde von Bosch patentiert. Und Pilsak? Er wurde kein Multimillionär, sondern ist nachhaltig stolz, dass er mit seiner Erfindung die Grundlage dafür geschaffen hat, die Orientierung von Millionen von Menschen zu erleichtern. Ziel erreicht.

Mit dem autonomen Fahren auf der Überholspur

Vom Wirtschaftsmagazin “Forbes” ausgezeichnet wurde der Jungunternehmer Hendrik Kramer aus Lathen. Sein Abitur machte er 2013 am Hümmling-Gymnasium in Sögel. Elf Jahre später führt er mit Platz eins die Forbes-Liste der “30 under 30” in der Sparte “Industry & Manufacturing” für Europa an. Kramer hat es als CEO mit seinem Unternehmen “Fernride” aufs Radar des renommierten Wirtschaftsmagazins geschafft, nachdem es 2020 bereits mit dem Deutschen Mobilitätspreis ausgezeichnet wurde. Grob gesagt, geht es bei Fernride um das Fernsteuern fahrerloser Fahrzeuge.

Autonome Fahrzeuge sind bisher noch in der Testphase, weil sie nicht in 100 Prozent der Situationen selbständig fahren können. In Baustellen oder unter sich plötzlich verändernden Wetterverhältnissen, wie starkem Regen, scheitert die Künstliche Intelligenz bisher. Kramers Idee hinter dem Unternehmen Fernride ist, das autonome Fahren schon heute umsetzbar zu machen, indem durch die Fernride-Technologie immer dann ein Mensch zum Einsatz kommt, wenn die künstliche Intelligenz an ihre Grenzen stößt.

Der Fahrer verbindet sich über das Mobilfunknetz mit dem Fahrzeug, übernimmt die kritische Situation und gibt danach wieder an die KI ab, um sich mit dem nächsten Fahrzeug zu verbinden. Möglich ist das durch acht Kameras und zahlreiche Sensoren am Fahrzeug, die ein umfassendes Live-Bild der Umgebung erzeugen. Mit der Fernride-Technologie sollen langfristig Unfälle, Emissionen und Zeitverschwendung im Straßenverkehr reduziert werden. Das LKW-Fahren wird dabei zu einem Bürojob, denn am Teleoperator kann ein Mensch für bis zu 50 LKW gleichzeitig zuständig werden, was auch den Fahrermangel in der Logistik reduzieren würde.

Kooperation mit emsländischem Traditons-Unternehmen KRONE

Kramers Vision war von Anfang an groß und entsprechend wichtig war es ihm, sie durch Partnerschaften finanziell und strategisch ein stabiles Fundament zu stellen. Inzwischen hat er für Fernride Gelder in Höhe von über 50 Millionen Dollar eingeworben. 2022 erregte Kramer Aufsehen auf der Internationalen Automobil-Ausstellung für Nutzfahrzeuge, der IAA Transportation, indem er und Bernard Krone eine strategische Partnerschaft zwischen KRONE und Fernride bekanntgaben. Das traditionsreiche, emsländische Unternehmen plant, mit Fernride einen Trailer zu entwickeln, der wichtige Sekundärfunktionen automatisiert, wie z. B. das Kuppeln, Schließen von Türen oder die sensorische Umfeldanalyse.

Im Jahr 2024 sind die fahrerlosen Fahrzeuge von Fernride noch auf privaten, klar begrenzten Firmengeländen im Einsatz, aber bereits im großen Stil. Kunden sind unter anderem DB Schenker, wo Fernride in Vertriebszentren im Einsatz ist, und Volkswagen, wo Fernride Frachten an großen Produktionsstätten von A nach B transportiert. Aber auch am Hamburger Hafen ist das Unternehmen im Einsatz und transportiert Container. Hintergrund ist, dass in diesen Bereichen die Fahrgeschwindigkeit im unteren Bereich liegt und damit die KI einsatzfähig ist. Auf diese Weise kann Kramer schon heute mit der verfügbaren Technik die Vorteile von KI und Elektromobilität Realität werden lassen: Logistik wird ressourcenschonend und emissionsarm.

Dem Emsland nach wie vor verbunden

Nicht nur Otmar Pilsak fährt noch regelmäßig in die alte Heimat - mit Navi-Einsatz, auch wenn er die Strecke aus dem Effeff kennt, um je nach Verkehrslage die optimale Route zu nehmen. Auch Hendrik Kramer fühlt sich dem Emsland nach wie vor verbunden, obwohl sein Unternehmen in München sitzt. Zum einen, weil Familie und Freunde hier leben. Zum anderen macht er das Emsland mit der Machermentalität und die Bodenständigkeit der Menschen mitverantwortlich für seinen Erfolg. Immerhin hat er hier bereits als Schüler in Lathen mit der Vermarktung der Pferdezucht seiner Familie begonnen. Das Emsland schafft eben schon in jungen Jahren den Raum, den ein Mensch braucht, um einmal Großes zu bewegen.

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